Wie wir leben werden (1): Mit Enten und Hermelinen als Helfer

Nr. 14 –

Wie kann sich ein Bauernhof auf Hitzewellen, Dürre und Starkregen vorbereiten? In Meilen am Zürichsee setzt Landwirt Lukas van Puijenbroek auf ein vielfältiges Ökosystem aus Wassergräben, Äckern, Hecken und Bäumen.

Lukas van Puijenbroek mit seinen Laufenten
Auch das Schneckenproblem wird ökologisch angegangen: Lukas van Puijenbroek mit seinen Laufenten.

Der alte Mann stellt sein E-Bike an den Feldrand. «Was um Himmels willen macht ihr da?», fragt er in freundlichstem Berndeutsch. Er sei hier schon oft vorbeigefahren und habe sich gewundert. Das Feld am Waldrand oberhalb des Zürcher Goldküstendorfs Meilen sieht tatsächlich ungewöhnlich aus – durchzogen von Gräben und kleinen Wällen, dazwischen junge Bäume und schmale Felder, auf denen ein Durcheinander wächst: irgendein Kohl, Getreide und Kräuter.

Landwirt Lukas van Puijenbroek nimmt die Frage gern entgegen. Sein Ziel sei es, der Klimaerwärmung zu begegnen, erklärt er. Die Gräben, quer zum Hang, nehmen Regenwasser auf und geben es langsam an die Baumreihen und den Acker ab. Wenn es aber zu viel auf einmal regnet, fliesst das Wasser durch eine Röhre zum untersten Graben und von dort in den Bach. Ein befreundeter Bauer bestellt die schmalen Äcker dazwischen.

«Also ein Versuchsfeld?», fragt der Besucher. Wissenschaftlich begleitet ist van Puijenbroeks Projekt nicht. Aber der ganze Hof, auf dem er mit seiner Partnerin Jeannine und zwei Kindern lebt, ist ein Versuch: sich vorzubereiten auf ein Klima, das immer extremer wird. «Die Erwärmung geht brutal schnell. Wir sind erst seit acht Jahren hier und spüren schon einen Unterschied.»

Der 47-Jährige ist in Winterthur aufgewachsen. Nach einer KV-Ausbildung lernte er Sozialpädagoge, aber ihm fehlte etwas: «Ich hatte immer das Gefühl, den Jugendlichen täte es gut, eine Verbindung zur Erde zu haben.» Van Puijenbroek bildete sich zum Landwirt weiter, die Familie zog nach Meilen und begann, Land zu übernehmen, das van Puijenbroeks Grossonkel bewirtschaftet hatte. «Ein Teil bleibt verpachtet. Wir begrenzen uns selbst, damit wir die Arbeit gut machen können – aber auch noch für anderes im Leben Platz haben.» Van Puijenbroeks Partnerin schliesst demnächst ein Teilzeitstudium als Umweltingenieurin ab.

Das Gleichgewicht braucht Zeit

An diesem viel zu warmen Vorfrühlingstag kreist ein Milan über dem Gelände. Van Puijenbroek freut sich über den Huflattich, der leuchtend gelb beim untersten Wassergraben blüht. Hier hat die Gruppe Naturnetz Pfannenstil eine Hecke mit Rosen, Schwarzdorn und anderen Sträuchern gepflanzt, die wertvoll für Insekten und Vögel sind. Der Huflattich kam von selbst.

Weiter oben wachsen Haseln, Pekan-, Walnuss- und Mandelbäume in Reihen. Das Feld soll nicht nur ein vielfältiges Ökosystem werden, sondern auch Essen hergeben. Für den Landwirt hängt das untrennbar zusammen: «Biodiversität hat einen relevanten Einfluss auf den Ertrag.» Allerdings braucht es seine Zeit, bis sich ein Gleichgewicht einstellt – die Erdwälle und das hohe Gras ziehen erst einmal Wühlmäuse an, die Wurzeln von Gemüse und Bäumen anfressen. Darum sei es wichtig, Unterschlupf für Hermeline zu schaffen, sagt van Puijenbroek: Hecken, Holz- und Steinhaufen. Die kleinen, schlanken Raubtiere, früher verfolgt für königliche Pelzmäntel, sind gute Jäger. «Sobald unten beim Hof eins auftauchte, hatten wir deutlich weniger Mäuse.»

Kritik am Bauernverband

Der Hof liegt einen halben Kilometer hangabwärts. Er wirkt fast exotisch zwischen den herausgeputzten Einfamilienhäusern. Hier haben van Puijenbroeks vor acht Jahren angefangen, Gemüse, Beeren und Kräuter anzubauen. Sie gründeten eine Genossenschaft, deren Mitglieder vorbeikommen und selbstständig ernten. «Alle nehmen, was sie gernhaben, das geht gut auf.» Hier wachsen auch Kiwis und Aprikosen, eine Rebe rankt sich an einer Schwarzerle empor. Die schönen Laubbäume mit den dunklen Zäpfchen bringen mit ihren Wurzelbakterien Stickstoff in den Boden. «Und Schwarzerlen sind mir auch einfach sympathisch.» Zwischen den Bäumen suchen Laufenten nach Schnecken – die Wechselbeziehungen sind überall.

Die Klimaerhitzung mache ihm schon Angst, sagt van Puijenbroek. «Ich fühle mich oft machtlos. Aber ich kann zumindest den Hof resilienter machen. Und mich vernetzen, um Strategien zu finden, gemeinsam mit anderen.» Einen Tag in der Woche arbeitet er als Sekretär des Bioforums, einer kleinen bäuerlichen NGO. Dabei tauscht er sich mit Praktiker:innen aus, die auf ihren Höfen Ähnliches versuchen. «Wir brauchen eine andere, klimaresiliente Landwirtschaft. Der Bauernverband verhindert, dass es in diese Richtung geht.» Für die bäuerlichen Proteste der letzten Monate hat er Verständnis, vor allem für die Forderung nach höheren Produzent:innenpreisen. «Aber ich teile mit den meisten konventionellen Bauern sehr wenig. Beim Klima sitzen wir zwar im gleichen Boot. Aber bei der Frage, welche Klimapolitik es braucht, sind wir uns nicht einig.»