Wachstum: Wenn Subventionen grünen

Nr. 11 –

Konjunkturpakete? Besser wären Rezepte gegen den Rausch.

Die Krise gehört zur wachstumstrunkenen Wirtschaft wie der Kater zum Rausch. Um den Kater zu lindern, verkaufen uns ApothekerInnen Alka-Seltzer. Um die Krise zu überwinden, beschliessen die Regierungen «Konjunkturpakete», also Subventionen zur «Ankurbelung der Wirtschaft». Solche Pakete finden breite Zustimmung. Umstritten ist nur ihre Grösse und ihr Inhalt: Linke fordern, der Staat solle «klotzen statt kleckern». Grüne verlangen, der ökonomische Aufschwung sei mit einem «ökologischen Umschwung» zu verbinden.

Teilweise will das auch der Bundesrat. Deshalb fördert er nicht nur den Ausbau von Auto- und Eisenbahnen. Zusätzlich plant Moritz Leuenberger ein Programm zur Förderung respektive Subventionierung von energetischen Gebäudesanierungen. Das Alka-Seltzer erhält damit seine Bioetikette.

Subventionen, die den Energiebedarf in Gebäuden senken, stossen bei Linken und Grünen auf Beifall. Denn annähernd die Hälfte der Energie wird in Gebäuden verbraucht. Ebenso beliebt sind Mittel, die sparsamere Autos, erneuerbare Energien oder das Bahnfahren subventionieren. Selbst Bürgerliche und Wirtschaftsverbände, die Subventionen aus ordnungspolitischen Gründen stets ablehnten (sofern sie nicht selber davon profitierten), unterstützen zurzeit Massnahmen, die Linke und Grüne mit dem Schlagwort «ökologischer Umbau der Wirtschaft» anpreisen.

Das Problem ist nur: Alka-Seltzer – auch biologische – bekämpfen nur den Kater, nicht die Sucht. Im Gegenteil: Subventionen – offene und versteckte – verfälschen stets die wahren Kosten, verletzen das Verursacherprinzip und fördern damit den nächsten Rausch. Beispiel: Wenn der Staat mir die Sanierung meines Hauses oder den Autokauf mitfinanziert, kann ich mit dem gesparten Geld eine Zweitwohnung kaufen. Wenn der Bund Milliarden in den Ausbau der defizitären Bahnen steckt und gleichzeitig die PendlerInnen mit happigen Mengenrabatten belohnt, verlängern sich die Pendeldistanzen. Die wachsende Menge an beheizten Gebäuden, Fahrzeugen, Strassen, Schienenwegen und verbauten Wiesen, so belegt die Erfahrung, frisst den ökologischen Effizienzgewinn von energetischen Sanierungen und spezifischen Verbrauchssenkungen schnell wieder auf.

Wer die wachstumssüchtige Wirtschaft heilen und begrünen will, muss den begrenzten natürlichen Ressourcen – vom Erdöl bis zum Boden – einen Preis geben, welcher der Verknappung dieser Güter Rechnung trägt. Umweltbewusste ÖkonomInnen haben diese «Internalisierung der externen Kosten» schon vor Jahrzehnten empfohlen. Das einfachste Mittel, um dieses Prinzip umzusetzen, sind Lenkungsabgaben, die den Preis der Energie und anderer begrenzter Naturgüter so stark verteuern, dass zum Beispiel die energetische Sanierung von Gebäuden oder die Nutzung von Solarwärme ohne staatliche Subventionen rentabel wird.

Lenkungsabgaben dienen dazu, den Verursachern die wahren Kosten des Naturverbrauchs anzulasten. Sie bremsen damit automatisch auch das ressourcenzehrende Wachstum von Bauten, Landverschleiss und Verkehrskonsum. Der Einwand, solche Abgaben belasteten arme MieterInnen oder PendlerInnen stärker als reiche, mag in einzelnen Fällen zutreffen, nicht aber generell. Denn bei echten Lenkungsabgaben wird der Ertrag pro Kopf an die Bevölkerung zurückerstattet. Und weil arme Leute in der Regel weniger Energie, Raum und Kilometer konsumieren als reiche, profitieren sie unter dem Strich. Abgesehen davon ist es falsch, eine schwache Sozialpolitik oder ein fehlendes Grundeinkommen mit Bau- oder Verkehrssubventionen kompensieren zu wollen.

So glauben auch aufgeklärte Linke und Grüne heute nicht mehr, dass sich die Wirtschaft von ihrer Wachstumssucht befreien lässt oder eine Volksmehrheit einer echten Lenkungsabgabe zustimmen würde. Deshalb beantragt Energieminister Leuenberger lieber eine Teilzweckbindung der lächerlich kleinen CO2-Abgabe zur Subventionierung von Gebäudesanierungen, anstatt diese Lenkungsabgabe auf das Zehnfache zu erhöhen und auf Treibstoffe auszudehnen, wie es das CO2-Gesetz seit zehn Jahren erlauben würde. Und deshalb setzen auch SP, Grüne und Umweltorganisationen lieber auf Alka-Seltzer.