Mieten: Leider fehlen Avenir Suisse die Argumente

Die Mieten? Sie sind gar nicht hoch, schreibt die von Grosskonzernen finanzierte Denkfabrik Avenir Suisse in einem neuen Papier. Alles ein Mythos – wie überhaupt ganz viele Probleme, die die Mie­ter:in­nen so umtreiben.

Doch leider leidet das Papier an einem ernsten Mangel an Fakten und Argumenten. Die Behauptung über die gar nicht so hohen Mieten versuchen die Studienautoren zu belegen, indem sie erstens mahnen, dass die zentrale Lage von Stadtwohnungen halt ihren Preis habe. Zweitens seien die Mieten der bewohnten Objekte tiefer als jene, die zurzeit auf dem Markt angeboten würden, woraus man – wieso auch immer – den Schluss ziehen könne, dass Erstere ein «Schnäppchen» seien. Drittens sei der Anteil der Wohn- und Energiekosten an den Einkommen stabil, obwohl die Wohnungen immer komfortabler würden.

Ernsthaft? Dass die Stadt ihren «Preis» hat und die Mieten auf dem Markt höhere sind als Bestandsmieten, würde auch an einem Stammtisch kaum als Argument durchgehen. Für die dritte Behauptung, wonach die Mieten gemessen am Einkommen nicht steigen würden, hat Avenir Suisse schlicht die falschen Zahlen genommen: Daten über allgemeine Wohn- und Energiekosten, die Haus­eigen­tümer:inn­en miteinschliessen. Dabei hätte das Bundesamt für Wohnungswesen eine Grafik bereit, die zeigt: Die Mietausgaben sind seit 2006 in allen Einkommensklassen gestiegen, insbesondere in den unteren.

Vor allem aber fragt man sich, ob Avenir Suisse weiss, dass die Mieten in der Schweiz per Verfassung gedeckelt sind. Eine Miete ist laut Bundesgericht grundsätzlich «missbräuchlich», wenn der Gewinn daraus mehr als zwei Prozentpunkte über dem Referenzzinssatz liegt. Und das ist leider sehr oft der Fall: Wie die Raiffeisenbank 2017 in einer Studie festhielt, «müssten die Bestandsmieten viel, viel tiefer liegen», um bis zu vierzig Prozent. Das Büro Bass kam kürzlich in einer Studie zuhanden des Mieterinnen- und Mieterverbands zum Schluss, dass die Mie­ter:in­­nen 2021 gut zehn Milliarden Franken zu viel bezahlt haben. Damit hätte man ein Drittel der obligatorischen Krankenkassenprämien begleichen können.