Film: Unerwartetes Wiedersehen

Nr. 14 –

Fimstill aus «Tillsammans 99»
«Tillsammans 99». Regie: Lukas Moodysson. Dänemark / Schweden 2023. Jetzt im Kino.

Auch in einem Vierteljahrhundert ändern sich die Menschen weniger, als man denken möchte. Deshalb braucht man sich Lukas Moodyssons 1999 gedrehten Film «Tillsammans» vielleicht auch gar nicht unbedingt noch einmal anzuschauen, bevor man der unerwarteten, aber erfreulichen Einladung zur Wiedervereinigung der gleichnamigen Kommune in «Tillsammans 99» folgt. Oder man machts sogar wie Peter (David Dencik), der weder jemals da gewohnt hat, noch irgendjemanden kennt, spekuliert auf ein «offenes Haus» und bringt Wein und Käse mit.

Von allen am wenigsten verändert hat sich der blondbärtige Göran (Gustaf Hammarsten), der sich noch immer kindlich über jedes – auch vom gegnerischen Team gemachte – Tor freut. Höchstens ein bisschen mehr Desillusionierung hat sich da in seinen pazifistischen Augen festgesetzt, hinter denen er selbst einen Wolf als sein Krafttier wähnt. Wenig Neues auch bei Spassverderber Erik (Olle Sarri), der schon damals lieber theoretische Diskussionen über die Vorzüge des Sozialismus führte, als mit Görans Freundin Lena (Anja Lundqvist) zu schlafen, und der jetzt das Wiedersehensfest mit einem Monolog über die drastischen Verfehlungen ebenjenes Sozialismus im Osten ausbremst. Damit veranlasst er unter anderem die psychisch labile Lena dazu, sich als eine der wenigen Vernünftigen ins Zelt zurückzuziehen, um dort zu masturbieren, über den Tod nachzudenken und sich auf den Dritten Weltkrieg zu freuen.

Belastbare Lösungen für die allgemeine Malaise gab es weder damals, noch gibt es sie heute. Wurden im ersten Film vor allem die Kinder vernachlässigt, sind es heute die Alten. Erwachsen geworden ist schon gar niemand – daran ändern alle durchgemachten Krisen nichts. Moodyssons Filmografie erfuhr nach seinen ersten zwei optimistischen Filmen um die Jahrtausendwende – vielleicht analog zur Weltgeschichte – eine derart düstere Wendung, dass einem schwindlig wurde. Dass er ausgerechnet jetzt, in dieser politisch und menschlich resignierten Zusammenkunft mit den alten Idealen, zu neuer Hoffnung findet, mag ironisch wirken. Vielleicht hat er auch einfach wie Göran am Ende sein wahres Krafttier im Fohlen entdeckt.