Film: Moslem oder Vegi?

Nr. 14 –

Filmstill aus «Echte Schweizer»: Soldaten der Schweizer Armee
«Echte Schweizer». Regie: Luka Popadić. Schweiz 2024. Jetzt im Kino.

Die Lieblingsmetapher des Soziologen Aladin El-Mafaalani zur Beschreibung von Integrationsprozessen geht so: Wer es an den Tisch schafft, bekommt was vom Kuchen ab und will irgendwann auch mitbestimmen, welcher Kuchen auf den Tisch kommt. Im Dokumentarfilm «Echte Schweizer» von Luka Popadić, an den Solothurner Filmtagen mit dem Prix du Public ausgezeichnet, ist diese Metapher auch wörtlich zu verstehen.

Der Film begleitet Saâd Dhif, Thuruban Thuchchathanan und Andrija Stojković, Offiziere der Schweizer Armee mit tunesischen, sri-lankischen und serbischen Wurzeln, und erzählt zugleich Popadićs eigene Geschichte, der im Film zum Hauptmann befördert wird. Laut Studien sind die vier keine Ausnahmen. Inzwischen seien mehr Schweizer mit Migrationshintergrund bereit, Militärdienst zu leisten und weiterzumachen, als andere Schweizer, heisst es zu Beginn des Films. Woran das liegt? Hauptsächlich am Integrationsversprechen der Armee, da sind sich alle einig. «Sobald du die Uniform anhast, bist du Schweizer Soldat» – und kannst die Karriereleiter hochklettern. Trotzdem – auch das räumen alle ein – bleiben sie auch in der Armee mit ihrem Anderssein konfrontiert und stossen auf der Karriereleiter irgendwann gegen die gläserne Decke.

So weit, so banal. Interessant wird der Film in den Momenten, in denen er zeigt, wie die Protagonisten dem Kuchen nicht nur näher rücken, sondern ihn auch verändern (könnten). Wenn auch vorerst «nur» über den Menüplan. «Moslem oder Vegi», die Auswahloption besteht bereits. Als Nächstes will Hauptmann Thuchchathanan in seinem WK tamilisches Essen anbieten, und Dhif träumt von einem grossen, gemeinsamen Fastenbrechen. Doch bis dahin – das sieht man ihrem Lächeln an – ist es noch ein weiter Weg.

In schlechten Momenten wirkt «Echte Schweizer» wie eine Diversitykampagne der Armee, die uns ihre Vorzeige-Secondo-Offiziere vor dem obligaten Schoggi-Käse-Berge-Banken-Szenario präsentiert. In vielen guten Momenten aber gelingt es Popadić gerade dank seines Insiderwissens, beispielhaft vorzuführen, was gelungene Integration bedeutet: nicht weniger, sondern mehr Konflikte als Kitt einer offenen Gesellschaft.