Krieg für Öl und Gott: Unordnung in der Weltordnung

Im Kampf gegen das Böse scheint jede Form der Kriegsführung erlaubt, beurteilt der ungarische Schriftsteller István Eörsi die amerikanische Kriegspolitik.

Nun ist es fast schon sicher, dass die Bush-Regierung in den nächsten Tagen einen Präventivschlag gegen den Irak führen wird. Sie hält diesen Krieg für unausweichlich und notwendig und stützt sich dabei auf erschütternd schwache Argumente. Betrachten wir die wichtigsten in aller Kürze etwas näher.

1. Saddam Hussein ist ein blutrünstiger, widerwärtiger Diktator, von dessen unmenschlicher Herrschaft man das leidende irakische Volk befreien muss.
Was Saddam Hussein anbelangt, ist wirklich kein Urteil niederschmetternd genug. Ich möchte gleich betonen, dass meine Argumente gegen den Krieg keine für die Erhaltung seiner Herrschaft sind. Auch ich bin der Meinung, dass die Welt ohne Saddam Hussein weniger unerträglich wäre. Aber erlaubt dies, eine moralische Argumentation selektiv anzuwenden? Wenn jeder blutrünstige, widerwärtige Diktator zu stürzen ist, dann müssten die Vereinigten Staaten Dutzende von Ländern angreifen. Dies aber haben sie, zumindest momentan, nicht vor. Mehr noch: Wenn sie sich Gedanken über ihre gar nicht so ferne Vergangenheit machten, könnten sie wohl kaum leugnen, dass sie selbst es waren, die einem so blutrünstigen Diktator wie Augusto Pinochet gegen die demokratischen Kräfte an die Macht geholfen haben. Ebenso wie sie in zahlreichen anderen südamerikanischen Staaten rechtsgerichtete Todesschwadronen und Diktatoren unterstützten, die sich an Drogengeschäften bereicherten.

Zum anderen mutet es angesichts der amerikanischen Kriegsführung als einigermassen paradox an, dass man Menschen von einem Diktator befreien will, indem man sie umbringt. Mehr als die Hälfte der irakischen Bevölkerung ist jünger als fünfzehn Jahre. Wenn der Segen aus dem Himmel auf sie herunterfällt und die Panzer sie in den Wüstensand walzen wie zu Zeiten des Krieges um Kuwait, dann werden sie tatsächlich befreit sein von der Diktatur Saddams.

Ich muss gestehen, im Kosovo-Krieg habe ich die amerikanische Intervention befürwortet. Nicht die Art und Weise, aber die Tatsache, dass es sie gab. Dort musste eine begonnene, aber noch nicht zu Ende gebrachte Volksvernichtung gestoppt werden. Von nationalistischem Hass geleitet, hatte man dort eine europäische Muslimgemeinschaft fast ausgerottet. Dies war – aber nur damals, in jenem historischen Augenblick – ein Grund für eine Intervention.

2. Saddam Hussein ist eine Bedrohung für den Weltfrieden.
Ist er nicht. Er hat gar nicht die Kraft dazu. Er hat sich seit dem letzten Golfkrieg militärisch nicht mehr erholt. Darüber hinaus kann er – wie es sich bereits gezeigt hat – durch Ausübung massiven Drucks zur Abrüstung gezwungen werden. «Wenn wir im Irak keine Massenvernichtungswaffen finden, heisst das noch nicht, dass keine da sind», sagte der US-Verteidigungsminister. Er ignorierte damit die wichtigste Grundregel einer demokratischen Rechtsauffassung, wonach eine Schuld nachgewiesen werden muss und nicht umgekehrt die Unschuld. Es gibt eine ganze Reihe von Staaten – Indien, Pakistan, Nordkorea zum Beispiel –, die von Zeit zu Zeit mit ihren Atomwaffen drohen. Im Gegensatz zum Irak haben sie auch welche. Auch Israel macht kein Geheimnis daraus, als letzten Ausweg seine Atomwaffen einzusetzen. Die Bush-Regierung wendet also auch dieses Argument selektiv und ausserdem nach unseren heutigen Kenntnissen unbegründet an.

3. Der Irak befolgt die Beschlüsse des Uno-Sicherheitsrates nicht.
Wäre dieses Argument ein Kriegsgrund, hätte man gegen Israel schon längst einen Krieg anfangen müssen. Dieser Vorwurf reicht als Grund für einen Präventivschlag nicht aus, besonders seitdem klar ist, dass man Saddam Hussein mit massivem Druck dazu bringen kann, seine zu Recht beanstandeten Raketen zu vernichten. Israel hingegen befolgt die substanziellen Beschlüsse der Uno und des Sicherheitsrats, die es zur Rückgabe von Gebieten und der grundlegenden Änderung seiner Siedlungspolitik verpflichten, auf noch so starken Druck nicht. Trotzdem würden wohl nur Wahnsinnige verlangen, dass die internationale Gemeinschaft oder die USA in ihrer Vertretung Israel angreifen sollte.

Konkurrenzlos machtvoll

In den Jahrzehnten zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zerfall der Sowjetunion hat sich eine Atompattsituation zwischen den beiden stärksten Weltmächten entwickelt. Da jede Seite die andere hätte vernichten können und mit ihr die ganze menschliche Zivilisation, musste die internationale Gemeinschaft eine Rechtsstruktur entwickeln, um dies zu verhindern. Mit Hilfe des Vetorechts der ständigen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates konnten die Atomgrossmächte ohne Krieg ihre wichtigen Interessen verteidigen. Dieses System funktionierte selbst in den zugespitztesten Situationen der Weltpolitik. Nachdem die Sowjetunion entgegen aller Erwartungen auseinander gefallen war, entsprach diese Ordnung im Zusammenleben der Staaten nicht mehr den neuen Kräfteverhältnissen.

Die das internationale Zusammenleben regelnde Rechtsordnung wurde stets mit moralischen Argumenten untermauert. Wenn aber die veränderten Kräfteverhältnisse nicht den moralischen Argumenten entsprechen, werden letztere immer mehr an Überzeugungskraft verlieren. Die Führung der USA zeigt immer weniger Lust, sich dem Vetorecht zu unterwerfen. Warum sollte sie auch, wenn sie mit keinen Konsequenzen zu rechnen hat, falls sie es nicht tut? Warum sollte sie Abstand von ihren Forderungen nehmen, wenn sie durch nichts dazu gezwungen wird? So gelang es ihr, die internationale Gemeinschaft ohne die Anwendung übertrieben aggressiver Massnahmen dazu zu bringen, ihr aufgrund ihrer Sonderstellung Sonderrechte zuzugestehen. Da ein Machtkonkurrent fehle, fiele ihr eine besondere Verantwortung zu und deswegen habe sie ein Anrecht auf besondere Machtbefugnisse.

In dieser Situation, als die USA durchdrungen waren vom Bewusstsein ihrer eigenen Stärke, ja ihrer Omnipotenz, stellte sich plötzlich heraus, dass sie auch verwundbar sind. Sie mussten nicht den Angriff anderer Staaten erleiden, sondern den einer Kraft, die sie noch nicht einmal definieren können und deswegen als teuflisch empfinden: Die Emanation des Bösen hat kein Territorium, keine Bevölkerung, keine Geschichte, sie lässt sich nicht auf traditionelle Weise umschreiben. Diese Kraft lässt sich nicht bezwingen, ohne die Schranken zu durchbrechen, die von einer untergegangenen Weltordnung geschaffen worden sind. Also liessen die USA verlauten, dass sie die Uno-Charta notfalls als Papierfetzen betrachten und handeln würden, wie sie es für richtig hielten – im Wissen darum, dass die anderen Staaten sie dafür nicht massregeln können.

Es stimmt zwar, dass bereits im Zusammenhang mit dem Eingreifen im Kosovo das Argument laut wurde, wonach die Menschenrechte höher zu werten seien als die von der Uno als unantastbar anerkannte Rechtsordnung der Nationalstaaten der Weltgemeinschaft, da jene auf elementare Interessen der gesamten Menschheit abzielen. Ein Nationalstaat, der Völkermord verübt, schliesst sich selbst aus der Staatengemeinschaft aus. Ich habe das damals als Fortschritt betrachtet, als eine Entwicklung, die in Gefahrensituationen aus der nationalen Provinzialität herausführt. Natürlich störte es mich, dass auch dieses Prinzip nur selektiv anwendbar ist. Jugoslawien kann man bombardieren, weil ihre Führer die albanische Minderheit ermorden, China dagegen könnte man nicht bombardieren, wenn den Tibetern Ähnliches drohte. Ich war bereit, diesen Widerspruch zu akzeptieren, wenn auch nicht mit ganz reinem Gewissen. Denn nur so konnten die Kosovo-Albaner vor dem Genozid bewahrt werden.

Nach den Ereignissen vom 11. September 2001 kamen aber die Führer der Vereinigten Staaten zum Schluss, es reiche nicht, die das Zusammenleben der Nationen regelnden Vorschriften im einen oder anderen Punkt zu ändern. Es müsste vielmehr eine vollkommen neue Ordnung aufgestellt werden, basierend auf einer umfassenden Vollmacht, die ihnen, ihrer Überzeugung nach, von der Vorsehung verliehen worden sei. Um Russland und China für sich zu gewinnen, willigten die Führer der USA ein, künftig keinen Unterschied mehr zwischen Freiheitskämpfern und Terroristen zu machen, das heisst, jeden als Terroristen zu betrachten, der legitime Mächte ausserhalb der legitimen staatlichen Strukturen bekämpft.

Somit ist jeder zum Verbrecher gestempelt, der den unter Anwendung von was für Gewalt auch immer errichteten Status quo in Ermangelung anderer Möglichkeiten gewaltsam zu ändern sucht. Als Teilnehmer am ungarischen Volksaufstand von 1956 empfinde ich eine derartige Auffassung als persönliche Beleidigung. Anschliessend bestimmten sie den Kreis der Bösen, bastelten eine Achse zwischen den Feinden und liessen verlauten, dass dieser Kreis jederzeit erweiterbar ist. So gewannen tagespolitische Überlegungen metaphysische Dimensionen. Aus diesem Grunde war es so gespenstisch, als der US-Verteidigungsminister auf einer Pressekonferenz das aufmüpfige Deutschland in einem Atemzug mit Kuba und Syrien nannte. Von einem Augenblick zum nächsten kann jeder zum Bösen erklärt werden und muss nicht nur aus politischen Gründen, sondern gleichsam aufgrund eines göttlichen Befehls die Konsequenzen tragen. Denn im Kampf gegen das Böse – einer bekanntermassen metaphysischen Existenz – ist jede Form der Kriegsführung erlaubt.

Wenn eine Weltordnung nicht mehr zeitgemäss ist, aber noch keine Grundlagen für eine neue, allgemein annehmbare neue Weltordnung sichtbar sind, entsteht eine durch rohe Gewalt erzwungene, auf brutalen Interessen und/oder auf einen willkürlichen Glauben basierende Wertordnung, die nur eine unordentliche Ordnung in der Welt schaffen kann.

Öl oder Gott?

Welche Rolle hat wohl die unstillbare Gier nach Öl gespielt, als man Saddam Hussein, der nach heutigem Kenntnisstand keinerlei Kontakt zu Bin Laden und dessen Terrororganisation aufrechterhält, in der Hierarchie des Bösen noch vor Bin Laden den vornehmen Platz des obersten Bösen zugesprochen hat? Die europäische Linke, besonders jener Teil, welcher mit der einen oder anderen Form des Marxismus gross geworden ist, schreibt die Kampfeslust der Vereinigten Staaten eindeutig dem Öl zu. In der «Zeit» (20. 2. 03) wird aber auch ein konservativer Energieexperte aus Washington, Paul Michael Whibey, zitiert: «Nach einem Sturz Saddams werden wir bedeutende zusätzliche Ölmengen aus dem Irak bekommen. Das Land hat Reserven, die jene Saudi-Arabiens erreichen oder übertreffen.» Seitdem Saudi-Arabien der finanziellen Unterstützung von antiamerikanischen Terrorgruppen verdächtigt wird, arbeitet eine ganze Schar konservativer Energiestrategen an der Zurückdrängung der saudiarabischen Ölmacht. In ihren Plänen spielt das irakische Öl eine Schlüsselrolle.

Der Soziologe Wolf Lepenies («Süddeutsche Zeitung», 1/2. 3. 03) behauptet hingegen, ein Irakkrieg würde nicht in erster Linie wegen des Öls geführt. «Vielmehr handeln George W. Bush und seine Regierung im festen Glauben, dass sie in ihrem Kampf gegen Saddam Hussein das Gute zum Sieg über das Böse führen werden.» Bushs Pathos ist tatsächlich von der Überzeugung durchdrungen, einen göttlichen Auftrag zu erfüllen. Schon bei seinem Amtsantritt hat er seinen Mitbürgern eine Renaissance der christlichen Werte angekündigt. Auch seine Terminologie ist, wie wir sehen konnten, von der christlichen Metaphysik durchdrungen. Und seine Methodik? Statt scholastische Argumente bietet er den zögernden Staaten Geld für ihre Stimmen an – und nicht wenig. Er ruft keine Konzilien ein, sondern lässt Wanzen in den Besprechungsräumen der schwankenden Delegationen der Uno anbringen. Die gefangenen Feinde betrachtet er nicht als Soldaten, entzieht sie so dem Schutz der für Kriegsgefangene geltenden Verträge und unterwirft sie inquisitorischen Massnahmen. Dies führt uns zurück in die Sphäre des Glaubens. Der berühmte Spruch, wonach der Zweck die Mittel heilige, wurde ebenfalls im Dienste Gottes ersonnen.

Um das Dilemma «Öl oder Gott» zu lösen, schlage ich also vor, das «oder» durch ein «und» zu ersetzen, und schon können wir nicht mehr gross falsch liegen.

Die amerikanischen Traditionen

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mich mit dem bisher Geschriebenen dem Verdacht der Amerikafeindlichkeit aussetze. In seinem kriegsbefürwortenden Artikel (FAZ, 27. 2. 03 und «Tages-Anzeiger», 4. 3. 03) beruft sich der ungarische Literaturnobelpreisträger György Konrád auf die Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg und zieht für die allein selig machende angelsächsische Orientierung zu Felde. Diese Ausrichtung beinhaltet seiner Meinung nach die transatlantische Solidarität, also ein harmonisches Zusammenwirken von Amerika und Europa. Ohne den englisch-amerikanischen Schulterschluss wäre Europa «heute entweder nationalsozialistisch oder kommunistisch (...) oder aber geteilt beides.» Woraus sonnenklar hervorgeht, dass Europa auch heute an der Seite Amerikas stehen muss. Diese Analogie lahmt aber gleich an mehreren Stellen. Ich möchte nur so nebenbei erwähnen, dass Hitlers weltpolitische Lage 1942 nicht mit der von Saddam Hussein heute zu vergleichen ist. Für mein Thema ist es aber wichtiger, dass Franklin D. Roosevelt nicht mit George W. Bush zu vergleichen ist.

Der in radikalkonservativen Kreisen formulierte Vorwurf des Antiamerikanismus ist deswegen irreführend, weil es nicht eine, sondern zwei miteinander unvereinbare US-Traditionen gibt. Wer der einen folgt, ist vom Blickwinkel der anderen betrachtet antiamerikanisch. Der Einfachheit halber leite ich diese beiden Traditionen aus dem Bürgerkrieg von 1864 ab, als es darum ging, die Sklavenhaltung zu zerstören oder aber zu bewahren. Der texanische Plantagenbesitzer und Sklavenhalter verstand sich ebenso als Amerikaner wie der freiwillige Sanitäter der Nordtruppen, der Dichter Walt Whitman. McCarthy hat, angeblich «unamerikanischen» Umtrieben nachjagend, zahlreiche Glanzlichter der amerikanischen Kultur auf die Anklagebank gezwungen.

Die politische Nomenklatura, die nicht nur mit Massenvernichtungswaffen drohte, sondern sie in Vietnam auch reichlich einsetzte, war amerikanisch, ebenso wie die dagegen angehende Friedensbewegung und die grosse amerikanische Beat-Dichtung. Die geistigen Väter der ersten Verfassung der Vereinigten Staaten, in der das erste Mal die Grundprinzipien eines säkulären Staates in den Rang eines Gesetzes erhoben wurden, waren Amerikaner, aber auch der von göttlichem Sendungsbewusstsein durchdrungen politisierende jetzige Präsident ist ein Amerikaner. Und der ihm entgegen tretende 88-jährige Senator Robert C. Byrd? Ist er etwa kein Amerikaner? Am 13. Februar 2003 sagte er im Senat Folgendes: «Hiermit erkläre ich, dass ich starke Zweifel an der Urteilsfähigkeit eines Präsidenten habe, der fähig ist zu behaupten, ein unprovozierter Militärschlag gegen eine zur Hälfte aus Kindern bestehende Nation würde den ‘erhabensten moralischen Traditionen unseres Landes entsprechen’.» Byrd legte ein besonderes Gewicht darauf, zu betonen, dass auch er Amerikaner sei: «Ich bete aus tiefstem Herzen, dass diese grosse Nation und ihre vertrauensvollen, guten Bürger nicht die Qual eines furchtbaren Erwachens erleiden müssen.»

Vernichtung und Terror

Was für Qualen des Erwachens mag Byrd befürchten, abgesehen vom Anblick der Vernichtung? Da kann ich nur rätseln. Der Präsident hat allem Anschein nach keinerlei Vision, wie das Leben im Irak nach einem Krieg weitergehen soll. Schon beim Angriff auf Afghanistan wusste er nicht, was die Herrschaft der Taliban ablösen sollte. Aus Berichterstattungen und den Schilderungen der neuen Emigranten erfahren wir, dass im grössten Teil des Landes Chaos, Elend und Unsicherheit herrschen. Die Taliban wurden zwar verjagt, viele auch getötet, doch die verschiedensten fundamentalistischen Gruppen übernehmen wieder die Macht, die Lage der Frauen ist nicht viel besser als zu Zeiten der Diktatur der Taliban. Die Unsicherheit ist gross, und die jetzige Lebensqualität entschädigt immer weniger für das viele Leid, das mit dem Krieg verbunden war.

Im Zusammenhang mit dem Irak gibt es den Plan, für zwei Jahre einen amerikanischen General zum Verwalter des Landes zu bestellen. So eine Führungsstruktur kann von der Bevölkerung unmöglich unterstützt werden. In der islamischen Welt wird die Empörung wachsen, weil Christen ein muslimisches Land unter ihre Herrschaft gebracht haben. Es ist anzunehmen, dass es vermehrt zu Selbstmordattentaten und anderen Terrorakten kommen wird, und nicht nur auf israelischem Gebiet. Doch Zorn und Rache werden sich in erster Linie gegen Israel richten, da es verwundbarer ist als die USA und da die «Auge um Auge, Zahn um Zahn»-Politik, die von seiner rechtsgerichteten Regierung immer entschlossener verfolgt wird, den Zorn seiner Feinde immer mehr anstachelt. Die Antwort der USA auf die Verbreitung des Terrorismus kann nur aus einer weiteren Einschränkung der freiheitlichen Rechte und aus der Vergiftung der demokratischen politischen Atmosphäre bestehen. Der Qualitätsverfall der westlichen Demokratien und die steigende Frustration (und die damit einhergehende Aggression) der islamischen Staaten stacheln sich gegenseitig an. Das Ende dieses Prozesses ist nicht abzusehen. Vielleicht hatte Senator Byrd so etwas vor Augen, als er über die Qualen eines furchtbaren Erwachens sprach.

Zum Autor

István Eörsi, ungarischer Autor, geb. 1931, studierte bei Georg Lukás. Er wurde wegen Teilnahme am Aufstand 1956 verhaftet und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Nach vierjähriger Haft wurde er 1960 amnestiert. Heute lebt er als Schriftsteller in Budapest und Berlin.