Von oben herab: Billig ’23

Nr. 37 –

Stefan Gärtner spart

Während in Deutschland alles teurer wird, wird in der Schweiz sogar alles noch mal so teuer, weil die Schweiz ja immer schon so teuer ist! Das Einzige, was da billig bleibt, sind Witze über die «Kronenhalle» («Hundert Stutz fürs Geschnetzelte? Dafür krieg ich woanders drei Cappuccino!») und Bundesrat Guy Parmesan, der in der «Schweiz am Wochenende» zur privaten Eigenverantwortung aufrief: Zu Hause gebe es viel «Sparpotenzial», etwa beim Heizen oder der Aussenbeleuchtung. Für alle, die lieber WOZ lesen, hier alle guten Spartipps im Überblick:

Dicken Teppich kaufen So ein Perser ist nicht billig, hält aber die Füsse schön warm und schont Umwelt wie Parkett. Am besten drei übereinanderlegen! Amortisiert sich oft schon nach wenigen Jahrzehnten.

Viel twittern (im Winter) Das Internet frisst zwar viel Strom, aber das schlägt sich kaum in der eigenen Stromrechnung nieder. Darum möglichst oft an hitzigen Diskussionen teilnehmen und sich heftig über Transaktivismus oder J. K. Rowling, gesäuberte oder ungesäuberte Kinderbücher, die woke Diktatur oder koloniale Klischees (siehe unten) erregen: Das steigert den Blutdruck, die Heizung hat Pause.

System Widmer (im Sommer) Die warme Jahreszeit dauert ja jetzt bis Ende Oktober, und Klimaanlagen fressen Strom. Deshalb einfach so cool bleiben wie Grafik- und Cartoonstar Ruedi Widmer und sich an seinen Satz (siehe WOZ Nr. 19/17) erinnern, mit dem einem sogar der drohende Atomkrieg keinen Schweiss auf die Stirn treibt: «Das ist aber nicht gut jetzt.»

Mit dem Rauchen anfangen Tabak wird zwar ebenfalls immer teurer, doch wer raucht, kann nicht essen. Achtung: Wer zu dünn wird, friert schneller, und wer während der Arbeitszeit vor der Tür rauchen muss, auch.

Mit dem Rauchen aufhören Ein Spartrick der ganz alten Schule, der aber nur funktioniert, wenn man nicht anfängt, Unsinn in sich hineinzustopfen, sondern stattdessen joggen geht, ohne sich dabei so zu erkälten, dass das ganze gesparte Geld in der Apotheke bleibt. Ausserdem muss man, um mit dem Rauchen aufhören zu können, erst einmal mit dem Rauchen anfangen. Geschmackssache!

Auswandern Fast überall auf der Welt ist es günstiger als in der schönen Schweiz, und in der Schweiz wird es langsam so warm wie im günstigen Rest der Welt. Während daheim drei Cappuccini bald so viel kosten wie ein Zürcher Geschnetzeltes, kostet der wunderbare Streetfood auf einem lebendigen Markt in Fernost allenfalls das Portemonnaie (siehe oben).

Einwandern Wer irgendwo einwandert, das ist bekannt, bekommt alles vorn und hinten hineingestopft und kann sich in der sozialen Hängematte ausruhen. Billiger geht es ja nun wirklich nicht!

Die Sau rauslassen Die Miete kann leicht ein Drittel des Haushaltseinkommens verschlingen, und so ein Schwein beansprucht Platz und gehört auch nicht in die Wohnung. Wer es über sich bringt, das Tier zu schlachten, muss auch erst mal nicht zum Metzger.

Reparieren statt wegwerfen Nicht alles, was kaputt ist, muss deshalb gleich in den Kehricht: Ein zerbrochenes Fenster lässt sich mit (billigem) Paketband wieder in den Urzustand versetzen, eine kaputte Ehe mit (billigem) Alkohol über die Runden und am Scheidungsgericht vorbeibringen. Extraspartipp: Einfach aufschreiben, was man am anderen so hasst, und die Liste in der Küche aufhängen, dann kann man sich die immer gleichen Vorwürfe auch noch sparen.

Die Krise als Chance begreifen Sowieso immer der beste Tipp, ohne den das ganze Coachingbusiness nicht zu denken wäre. Wer lernt, sich auf das Wesentliche zu besinnen, lernt, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, also entweder zu heizen oder zu essen. Eine Erfahrung, die mit Geld so wenig zu bezahlen ist wie der Gratisrat von Bundesräten!

Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er jede zweite Woche das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.

Sein Buch «Terrorsprache» ist im WOZ-Shop erhältlich unter www.woz.ch/shop.