LeserInnenbriefe

Nr. 38 –

Gegen das Schweigen

«LeserbriefschreiberInnen: Leidenschaft, Mission, Welterklärung», WOZ Nr. 36/2019

Die Leserbriefseiten sind beliebt. Sie sind ein Forum für Menschen, die ihre Meinung nirgendwo sonst publik machen können. Unter ihnen gibt es viele LaienschreiberInnen, die nirgends VIP sind, die weder grosse politische Erfahrung noch eine gekonnte Schreibe mitbringen. Wir wollen uns einbringen in den Meinungsbildungsprozess!

Wozu schreiben wir? Es beginnt meist mit einem Aufreger. Wir möchten Dinge aus einem anderen Blickwinkel darstellen oder einen uns wichtigen Aspekt ergänzen. Das kann für die breite Meinungsbildung manchmal durchaus wichtig sein. Politische oder weltanschauliche Visionen, für welche die Öffentlichkeit (noch) kein Gehör hat oder die im alltäglichen Medienrummel keinen Raum finden, können durch einen LeserInnenbrief manche LeserInnen, die keine einschlägigen Fachblätter oder Alternativzeitungen lesen, zum Nachdenken veranlassen.

Manchmal reagiere ich auf einen LeserInnenbrief, nehme Kontakt auf. Wie wäre es, wenn wir auf diese Weise ein zivilgesellschaftliches Netzwerk schaffen, Gleichgesinnte zu einem bestimmten Thema zusammenbringen könnten? Gegen das mutlose Schweigen! Für mehr LeserInnenbeteiligung!

Rosemarie Imhof, Allschwil

WOZ zu zurückhaltend

«Umweltpolitik: Systematische Verschmutzung», WOZ Nr. 34/2019

Ich liebe die WOZ wegen ihrer konsequenten Haltung in Politik und Wirtschaft, durch die sie sich wohltuend von den anderen Zeitungen abhebt. Wenn es um die Schweizer Landwirtschaft geht, wird die WOZ jedoch plötzlich Mainstream. Sie zitiert kritiklos die Meinung des Bio-Establishments, welches die konventionelle Landwirtschaft – immer wieder zu meinem eigenen Erstaunen – als gottgegeben anzusehen scheint. Ausserdem vertritt es eine Politik der kleinen Schritte und tut die Trinkwasserinitiative als zu radikal oder gar als «Holzhammer» ab (Urs Niggli, Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau). Damit unterstützt die WOZ indirekt die Chemie-, die Pharma- und die Fleischindustrie und die Fenaco, welche die Trinkwasserinitiative bis zur Abstimmung im nächsten Jahr mit massiven Lobbymitteln bekämpfen werden.

Unsere natürliche Umwelt inklusive Trinkwasser ist schon so stark gefährdet respektive geschädigt, dass nur ein vollständiger Stopp bei den synthetischen Pestiziden und der Verzicht auf Massentierhaltung in Wahrheit realistisch sind. Seriöse Studien (von Agroscope oder Vision Landwirtschaft) und zahlreiche erfolgreiche Landwirtschaftsbetriebe beweisen, dass es funktionieren würde, sowohl für die BäuerInnen als auch für die KonsumentInnen. Woher also die Zurückhaltung dieser Zeitung?

In den nächsten Monaten wird in der Schweizer Landwirtschaftspolitik die Post abgehen. Da wünsche ich mir in der WOZ mindestens einen Artikel zu den alles beherrschenden Interessen- und Machtkonstellationen, welche in der schweizerischen Landwirtschaftspolitik und -forschung sowie im landwirtschaftlichen Unterricht seit Jahren jede ökologische Entwicklung ausbremsen.

Annemarie Keel, Zürich