Kino-Film «#Female Pleasure»: Die verfemte Lust der Frauen

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Weibliche Sexualität und Religion bleiben auch im Jahr 2018 eine konfliktreiche und schmerzhafte Paarung. Barbara Miller macht diese zum Thema ihres neuen Dokumentarfilms «#Female Pleasure», der in Locarno eine viel beachtete Premiere feierte. Die Schweizer Regisseurin porträtiert darin fünf Frauen aus fünf Weltreligionen: die in London lebende Muslima und Aufklärungsarbeiterin Leyla Hussein, die heute verheiratete katholische Exnonne Doris Wagner, die japanische Vaginakünstlerin Rokudenashiko, die Jüdin Deborah Feldman, die aus einer orthodoxen Ehe geflohen ist, und die Hinduistin Vithika Yadav, die mit ihrer Liebesheirat das indische Kastensystem herausfordert.

Alle ihre Geschichten zeigen, wie religiöse Institutionen die weibliche Sexualität ausgrenzen und totschweigen. Dazu kommen Gewalt und Missbrauch bis hin zur Genitalverstümmelung, wie sie Leyla Hussein erleiden musste. Die Beherrschung des weiblichen Körpers und die Verneinung weiblicher Lust erscheinen als zentraler Bestandteil männlichen Machterhalts in den patriarchalen Religionsgemeinschaften. Die Frauen werden aber auch intellektuell isoliert und mundtot gemacht. Um zu entkommen, müssen sie ihr altes Leben aufgeben und oft ganz mit ihren Familien brechen.

Man kann sich vorstellen, welchen Leidensweg die fünf Frauen hinter sich haben und wie hart erkämpft das Selbstbewusstsein ist, mit dem sie heute in die Kamera sprechen. Barbara Miller vertraut in ihrem konventionell erzählten Film ganz auf die Kraft von deren Lebensgeschichten. Manchmal hätte man sich mehr weiterführende Recherchen und Einordnungen gewünscht. Die augenscheinlichste Doppelmoral offenbart der Fall der Künstlerin Rokudenashiko. Bei Shintoritualen werden in Japan riesige Phallusskulpturen durch die Strassen getragen, und alle schlecken an Glacés in Penisform. Gleichzeitig macht man Rokudenashiko den Prozess, weil sie 3-D-Modelle ihrer Vagina im Netz publizierte. Es drohen ihr bis zu zwei Jahre Haft.

#Female Pleasure. Regie: Barbara Miller. Schweiz/Deutschland 2018