Deutschland: «Ganz Berlin hasst die AfD»

Nr. 22 –

Die beiden Demonstrationen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Auf der einen Seite des Brandenburger Tors war es bunt, der Bass knallte, die Menschen hatten gute Laune. Zehntausende waren gekommen, um gegen eine AfD-Demonstration mit dem Titel «Zukunft Deutschland» anzutanzen.

Auf der anderen Seite des Brandenburger Tors war es braun, auch wenn die TeilnehmerInnen versuchten, das mit schwarz-rot-goldenen Fahnen zu übertünchen. Nachdem deutlich weniger als die 10 000 angemeldeten Personen zur Demonstration gekommen waren, verbreiteten AfD-Fans auf Twitter einfach Fotos, die auf der Berliner Fanmeile während einer Fussball-WM aufgenommen worden waren. Das fiel aber recht schnell auf, weil auf diesen Bildern auch zahlreiche Frauen zu sehen sind und nicht alle grimmig gucken.

Die geringe Zahl an TeilnehmerInnen hielt die AfD-AnhängerInnen nicht davon ab, sich selbst zum «Volk» zu erklären. Dieses «Volk» allerdings war überwiegend männlich, schlecht gelaunt und nicht mehr ganz jugendlich. Es applaudierte frenetisch, wenn AfD-Politiker mit Dackelkrawatte auf der Bühne forderten, dass Merkel wegmüsse oder die Grenzen dichtgemacht werden sollten. In der Menge tummelten sich viele wirre Gestalten. Ein Mann reimte auf seinem Schild: «Ist nicht im sonnigen Afrika genug Platz für alle Links-Grünen da». Der AfD-Kreisverband Osterholz-Verden hatte ein Banner mitgebracht, auf dem «Stoppt den Genozid an den Deutschen» stand. Eine Frau warf sich eine Burka (oder zumindest das, was sie dafür hielt) in Schwarz-Rot-Gold um und zeigte ein Schild: «Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land». Das ist ein Slogan der rechtsextremen NPD, mit der die AfD angeblich nichts zu tun haben will. Auch Menschen mit Pegidafahnen, Nazisymbolen und Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung liefen mit. Nach dem Ende des AfD-Aufmarsches begleiteten Tausende GegendemonstrantInnen die Rechten zum Hauptbahnhof. Dort schrien sie laut: «Ganz Berlin hasst die AfD.»

Berlin hat gezeigt, dass dort für die RechtspopulistInnen und Rechtsextremen auf der Strasse nichts zu holen ist. Aber Berlin ist nicht Deutschland, und Berlin ist schon gar nicht Dresden. Deswegen ist der Erfolg der AfD-GegnerInnen auch kein Grund zur Entwarnung.