Fünf Jahre Kesb: Vermehrt «mildere Massnahmen»

Nr. 35 –

Die soeben veröffentlichte neuste Statistik der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) zum Jahr 2016 ergibt, dass sogenannte niederschwellige Massnahmen bei den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) die grosse Mehrheit bilden.

Im Kindesschutz ging es in rund 77 Prozent der rund 42 700 Massnahmen um Beistandschaften wegen Besuchsrechtsstreitigkeiten oder «mangelnder Erziehungsfähigkeit» der Eltern. Die einschneidendste Massnahme im Kindesschutz – der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit einhergehender Fremdplatzierung – kam in rund zehn Prozent aller Massnahmen zur Anwendung.

Im Erwachsenenschutz handelte es sich bei rund 81 Prozent aller knapp 90 000 Fälle im Jahr 2016 um sogenannte massgeschneiderte Beistandschaften: Diese kommen zum Zuge, wenn eine Person altersbedingt, aufgrund von Schwächezuständen oder wegen psychischer oder geistiger Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, ihre Rechtsgeschäfte wahrzunehmen und auszuüben. Die einschneidendste Massnahme in diesem Bereich – die «umfassende Beistandschaft», die der früheren Vormundschaft entspricht – wurde in rund 18 Prozent der Fälle angeordnet. Verglichen mit der Anzahl solcher Massnahmen in den Jahren vor der Einführung der Kesb im Jahr 2012, entspricht dies einem deutlichen Rückgang.

Die Kokes erklärt diese Entwicklung damit, dass im neuen System «vermehrt mildere Massnahmen» angeordnet würden. Bereits heute finde eine behördliche Intervention nur dann statt, wenn die familiäre Unterstützung nicht ausreichend sei: «Wenn eine Massnahme errichtet werden muss, werden die Wünsche der Betroffenen und Angehörigen berücksichtigt und, wenn immer möglich (insbesondere bei einvernehmlichen Familienverhältnissen), Verwandte als Beistände eingesetzt», schreibt die Kokes. Konkret heisst das: Kann jemand nicht mehr selber für sich entscheiden, haben in der neuen Gesetzgebung die engsten Angehörigen ohne behördliche Intervention ein gesetzliches Vertretungsrecht.

Insgesamt allerdings haben die Fallzahlen aller Massnahmen sowohl im Kindes- wie auch im Erwachsenenschutz im Vergleich zum Jahr 2015 um knapp vier Prozent zugenommen. Dies entspricht in etwa der langjährigen Entwicklung seit 1996.