Neues aus der Wissenschaft: App ins Energieglück

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Punkte sammeln, Levels aufsteigen, Belohnungen und Auszeichnungen einheimsen – der moderne Homo mobile wird immer mehr zum Homo ludens: Der Gamifizierung unserer Lebenswelten haben Smartphone und Tablet endgültig Tür und Tor geöffnet. Wer gesünder essen, sich mehr bewegen, weniger Strom verbrauchen will, braucht dazu nur die passende App. Doch werden wir spielend tatsächlich zu besseren Menschen? Führt der Klick auf die App auch zu einer Verhaltensänderung im Alltag?

Darüber soll ein Experiment der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und einer Tessiner Fachhochschule Aufschluss geben. Zurzeit messen sich je sechzig Haushalte in Winterthur und in Massagno im Energiesparen. Eine App soll sie spielerisch dazu motivieren. Sie zeigt den individuellen Stromverbrauch an (dank eines im Haushalt installierten Smart-Meters, der im Viertelstundentakt Daten erfasst und versendet), gibt Tipps zum Stromsparen und ermöglicht es, sich mit andern TeilnehmerInnen auszutauschen. Dreissig Haushalte einer Stadt sollen ihren Stromverbrauch in einem gemeinsamen Effort senken und treten dazu in einen Wettbewerb gegen dreissig Haushalte der anderen Gemeinde.

Ziel ist, dank eines «facettenreichen Spielsystems mit verschiedenen Anreizen», das «ein gemeinschaftliches Lernfeld für soziale Innovation ermöglicht», viele Punkte zu sammeln (Pardon, Strom zu sparen). Während der «Spielperiode» von Februar bis April sollen die TeilnehmerInnen Quizfragen beantworten, für die sie nach Zufallsprinzip mit Preisen belohnt werden. Der Austausch untereinander wird via Facebook und Blog organisiert. Im vertraulichen Du und mit motivierender Sprache («Hier spielt die Musik») wird man dort aufgefordert, in der «community» mitzumachen. Zumindest im Blog herrscht aber auch Mitte März noch immer tote Hose. Abgesehen von vereinzelten Klagen, dass Verschiedenes nicht funktioniert. Einer will wissen, wie man all die belanglosen Push-Nachrichten abstellt – und wird (von den StudienleiterInnen?) prompt darauf hingewiesen, das doch zu unterlassen, weil er sonst das nächste Quiz und damit die Chance auf einen Preis verpasse. Die Grenzen zwischen Motivation und Manipulation, sie sind fliessend.

Im Juni will die ZHAW im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema Energiesparen die SiegerInnen prämieren. Und dabei berichten, «ob und wie sich das Stromverbrauchsverhalten auf spielerische Weise beeinflussen lässt». Für das Folgeexperiment hätten wir einen Vorschlag: Statt App einfach mal den Strompreis verdoppeln.

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