«Babys machen». Wie stellen wir uns das vor? In der Regel nicht so, wie das auf dem neuen Buch von Laurie Penny abgebildet ist: Da schweisst eine Matrone mit Schutzbrille ein Baby zusammen, dass die Funken sprühen. Das hat man halt davon, wenn man mit einer Robotikerin zusammenlebt, wie der Protagonist in der Titelstory. Die hat die Sache mit dem Babysmachen beim Wort genommen – und sich eigenhändig eines gebaut. Die Mutter als Erzeugerin von alleinigen Gnaden: Wie soll ein Vater da echte Fürsorge für das gemeinsame Kind entwickeln?

Geschlechterrollen sprengen, biologistische Schablonen ritzen: Die britische Feministin Laurie Penny bleibt auch dann in ihrem Element, wenn sie sich literarisch in Form von Kurzgeschichten austobt. Manchmal begnügt sie sich dabei mit einfachen Umkehrungen, wenn etwa ein junger Mitarbeiter gute Miene machen muss, als ihn seine Vorgesetzte zu einem Besuch im Stripclub für Frauen nötigt («Wikinger-Nacht»). Dann wieder entwirft sie auf wenigen Seiten ganze dystopische Universen, bevölkert von Kobolden und anderen Fabelwesen. So sind die zehn Storys in «Babys machen» immer auch ein greller Spielplatz einschlägiger Nerdfantasien.

Aber in den besten dieser Geschichten finden gesellschaftliche Analyse und erzählerische Fantasie schön pointiert zusammen. Da gibts die Engel, die sich in ihrem Callcenter im Wolkenreich über uns Sterbliche ärgern, die wir dauernd um Dinge betteln, die wir wollen, statt um solche, die wir bräuchten («Kleine Gnaden»). Der Geist der Deregulierung hat längst auch das Himmelreich erfasst: Die Engel wurden mit den Dämonen fusioniert, trotzdem ist man chronisch unterbesetzt.

Und «Das Tötungsglas» ist eine bitterböse Groteske über England unter David Cameron: Da begleiten wir die Praktikantin eines Serienmörders, der Arbeitslose und Ausgesteuerte kaltstellt, die sich bei ihm als Opfer bewerben – und für besonders verdienstvolle Arbeiten darf er gar auf staatliche Fördergelder hoffen.

Lesung und Diskussion mit Laurie Penny in: St. Gallen Palace, Mi, 30. März 2016, 20.15 Uhr; Zürich Alte Kaserne, Do, 31. März 2016, 20 Uhr.

Laurie Penny: Babys machen und andere Storys. Aus dem Englischen von Anne Emmert. Edition Nautilus. Hamburg 2016. 176 Seiten. 23 Franken