Kinofilm «Offshore. Elmer und das Bankgeheimnis»: Die zwei Leben des Bankgeheimnisses

Nr. 11 –

Das Wort «Freiräume» benutzen beide. Der Banker, der für die grösste Schweizer Privatbank auf die Cayman Islands geschickt wurde, und der Filmer, der in der Zürcher Jugendbewegung aktiv war. Freiräume sind für den einen Trustkonstruktionen, mit denen sich Steuern vermeiden lassen. Für den anderen sind es autonome Jugendzentren, aus denen sich eine neue Gesellschaft formulieren lässt.

Auf den ersten Blick irritiert, dass Regisseur Werner «Swiss» Schweizer in seinem Dokumentarfilm «Offshore» die Biografie des gleichaltrigen Whistleblowers Rudolf Elmer mit seiner eigenen verknüpft. Zu Letzterer fehlt ihm zwangsläufig die Distanz. Auch Elmer begleitet er kollegial, aber die Vertrautheit schadet dem Film erstaunlich wenig. Vielmehr entsteht – dank hervorragend recherchiertem Archivmaterial – ein Panoptikum des Bankgeheimnisses.

Dazu gehört nicht nur die Geschichte von konformen Typen wie Elmer, die in Militär und Bank Karriere machen, sondern auch von kritischen Geistern, die 1979 die Bankeninitiative gegen die Steuerhinterziehung lancieren. Schweizer gelingt es, ungeahnte Bezüge herauszuarbeiten. Vom Heroin, das die Jugendbewegung überschwemmt, geht es zur Deklaration des «war on drugs» durch Ronald Reagan, mit der die USA die Überwachung globaler Finanzströme legitimieren. Diese fordert wiederum in der Schweiz ein erstes politisches Opfer: Justizministerin Elisabeth Kopp, die ihren Mann vor einer Untersuchung warnt. Die Folge ist ein Gesetz zur Geldwäscherei, aber mit dem Nazigold folgt der nächste Skandal. Derweil arbeitet Elmer akribisch im Südseeparadies. Nach einem Lügendetektortest schlägt seine Loyalität in Misstrauen um. Mit einer Kopie der Bankdaten kehrt er nach Hause zurück.

Die Verfolgung durch Justiz, Polizei und Detektive im zweiten Teil des Films vermag mit der Dichte im ersten nicht ganz mitzuhalten. Aber wie Schweizer am Schluss mit Elmer auf dem Sofa sitzt und dieser preisgibt, welche Daten er tatsächlich an Wikileaks-Gründer Julian Assange überreichte, hat eine Spitzbübigkeit, die in der erbitterten Auseinandersetzung ums Bankgeheimnis oft fehlte.

Ab 17. März 2016 im Kino.

Offshore. Elmer und das Bankgeheimnis. Regie: Werner Schweizer. Schweiz 2015