Kost und Logis: Unsinnige Rosskuren

Nr. 13 –

Werner Vontobel ist bekannt als Publizist, Markt- und Zuwanderungskritiker und hat an vielen bemerkenswerten Publikationen wie «Das Geschwätz von der freien Marktwirtschaft» oder «Schurkenstaat Schweiz» mitgewirkt. Was ihn aber qualifiziert – oder mehr noch: geritten hat –, in der abendlichen Pendlerpostille Diättipps zu erteilen, ist schleierhaft. Ist er selbst doch eher schmächtig. Noch immer warte ich jedoch freudig auf Enthüllungspublikationen wie «Das Geschwätz vom feinen Starkbierznacht» (über den Unsinn, abends flüssige statt feste Nahrung zu sich zu nehmen) oder «Gurkenstaat Schweiz» (über die vermeintlich gesunde Ernährung durch nichts anderes als Gemüse). Mehr jedoch dürfte sich Vontobel derzeit um die Rosskuren sorgen, die den Ländern im südlichen Europa verpasst werden, während andernorts die Aktienkurse in fiebrige Höhen steigen. Zumal sein 2011 erschienenes Buch «Aufruhr im Paradies» – von Ecopop-InitiantInnen wärmstens empfohlen – ja gerade Mechanismen der Zuwanderung in die reiche Schweiz, verursacht durch die innereuropäische Ungleichverteilung, beschreiben will.

Der freie Markt bläht sich auf und verspürt trotz näher rückender Bikinisaison kaum Gelüste, sich Regulierungen zu unterwerfen, die helfen würden, ein bisschen abzuspecken. So ist das mit den Diäten: Man macht sie nur widerstrebend. Ich selbst habe die Versuche figuroptimierenden Zwangsfastens mittlerweile aufgegeben: Keine Plastiknapflasagne aus der Migros mehr zum Zmittag? – Nach einem ermüdenden Sitzungsmorgen oft unabdingbar. Keine Kohlenhydrate mehr am Abend? – Werner Vontobel sagt, das bringe eh nichts, und bei leerem Kühlschrank bleibt halt nur die Option Pizzakurier. Kein Alkohol? – Kannste knicken.

Hinzu kommt, dass der Schlankheitswahn ja auch nur wieder ein Ausbund der freien Märkte ist: des freien Partnermarkts, des freien Personalmarkts, des freien Wenn-du-nicht-aussehen-willst-wie-Heidi-Klum-dann-hast-du-nicht-alle-Tassen-im-Schrank-Markts. Dem verweigere ich mich aus Prinzip.

Man muss ja deswegen nicht gleich gesundheitskostentreibend adipös werden. Im Übrigen ist es lustig, dass ausgerechnet die FDP einst mit dem Gedanken spielte, die Dicken mehr Prämien zahlen zu lassen, auf dass die Kosten sänken und der Volkskörper gesunde – während sie zum Beispiel nie auf die Idee käme, den dicken Portemonnaies mehr Steuern zu entlocken, auf dass die Staatsfinanzen gesundeten. Aber das ist nun alles etwas weit hergeholt. Also genug jetzt mit zweifelhaften Metaphern zum Thema «Dicksein», jetzt gibts ein Schnipo für die Autorin, einen Lammspiess mit Halumi für Angela Merkel und eine steuerfreie Dividende für ExponentInnen der FDP. Und für Werner Vontobel? Einen Gurkensalat und eine Tüte kalorienfreies Ecopopcorn.

Susi Stühlinger hat dann doch einen Gemüseteller bestellt.