#digi: Dem Wind ausgeliefert

Nr. 36 –

Ohne klares Ziel treibt ein Schiff auf dem Meer einfach umher. Darum braucht es einen Plan, muss Wind und Strömungen erkennen und nutzen – auch wenn der Weg nicht immer ganz gradlinig verläuft. Das ist die Analogie zur digitalen Welt, die der Philosoph Luciano Floridi zu Beginn der nationalen Konferenz «Digitale Schweiz 2019» am vergangenen Montag bemühte. In der selbsternannten «Smart City Basel» sollte eine Zwischenbilanz zur digitalen Strategie des Bundes gezogen werden, bevor tags darauf der Digitaltag gefeiert wurde. Doch es zeigt sich: Die Jolle Schweiz ist ziemlich planlos unterwegs.

Sollen zum Beispiel künstliche Intelligenz oder Blockchain-Anwendungen stärker reguliert werden? Die Staatssekretärin Martina Hirayama meinte, dass weder zu viel noch zu wenig Regulation richtig sei; vor allem dürfe die Innovation nicht gehemmt werden. Das ist ganz im Sinn von Bundesrat Ueli Maurer, der will, dass die Schweiz in diesem Bereich «weltweit eine Führungsrolle einnimmt». Diese vorgetragene Inhaltsleere veranschaulicht: Es gibt weder eine klare Positionierung noch eine wertegetriebene Vision.

Darüber täuscht auch die bundesrätliche Strategie «Digitale Schweiz» nicht hinweg, die im letzten September veröffentlicht wurde. «Geeignete Rahmenbedingungen» sollen dabei helfen, «den Menschen in den Mittelpunkt» zu stellen, «Raum zur Entfaltung» zu geben oder die «Transformationsprozesse vernetzt» zu gestalten. Die im «Aktionsplan» zusammengefassten konkreten Massnahmen füllen zwar 31 Seiten, lassen jedoch keinen wirklichen Plan erkennen – es ist viel eher ein Sammelsurium des Status quo.

Erfreulich war an der Konferenz einzig die spürbare Beteiligung von Schülerinnen und Vertretern der Jugendparlamente. Sie versteckten sich nicht hinter leerem Behördensprech. Sie lieferten witzig, zeitgemäss und interaktiv eigene Forderungen: Transparenz auf allen Ebenen, echte Mitsprache und vor lauter Digitalisierungsjubel die analoge Welt nicht zu vergessen. Vor allem baten sie die älteren TeilnehmerInnen, doch nicht die ganze Zukunft zu verbrauchen; sie wollten gerne auch noch etwas davon.