Graffiti: Wie aus Vandalismus Kunst werden soll

Nr. 29 –

In St. Gallen heisst es wie überall: Graffiti sind dann Kunst, wenn sie legal gemalt werden. Erst die Möglichkeit, Spots in der Stadt legal zu bemalen, macht SprayerInnen zu KünstlerInnen. Ansonsten gilt das, was sie treiben, schlicht als Vandalismus.

Doch aus VandalInnen sollen nun KünstlerInnen werden – durch die sogenannte «Wall of Fame»: ein Projekt, entwickelt von Studierenden der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule St. Gallen. Dabei geht es darum, SprayerInnen eine Wand zur Verfügung zu stellen, die zu gewissen Zeiten besprayt werden darf. Oder wie es im Projektbeschrieb heisst: «Auf legalem Weg zur Graffitikunst».

Die Absicht ist ja keine böse: Den Studierenden liegt es am Herzen, die Graffitiszene zu fördern. Doch wirkt die Herangehensweise ein wenig ungeschickt. So notieren die Studierenden im Projektbeschrieb, dass sie Experten zum Thema interviewt hätten. Unter anderem: Beat Bigler vom Hochbauamt der Stadt, Walter Schweizer von der Stadtpolizei und Pierre Brahimi vom Amt für Baubewilligungen. Diese drei werden ordentlich gelobt: «Trotz negativer Erfahrungswerte mit illegalen Graffiti zeigten sie sich gegenüber dem Thema aufgeschlossen.» Das grosse Aber: Die Behörden erwarteten konkrete Gestaltungsvorschläge. Ansonsten null Toleranz. Das wird im Projektbeschrieb betont. Die Botschaft: Wer nicht auf der «Wall of Fame» oder anderen legalen Spots sprayt, macht sich hochgradig strafbar. Bei Jugendlichen unter achtzehn Jahren könne das bis «zu einer angesetzten Therapie oder Fremdunterbringung führen».

Es ist nicht so, dass die Szene legale Wände nur schlecht findet. Aber es ist definitiv auch nicht so, dass alle SprayerInnen legale Wände als höchste Entfaltungsmöglichkeit ihrer Kunst ansehen. Wie bei einigen solchen Projekten, die es schon in vielen Schweizer Städten gibt, bleibt der Eindruck, dass die Stadt alles auf einmal will: Ordnung schaffen, die Graffitiszene örtlich zentrieren, als Förderin von Jugendkultur dastehen. Und nebenbei auch noch definieren, was für sie Kunst ist und was nicht.