Biodiversität: Wer macht der Natur den Garaus?

Nr. 19 –

Was lässt sich noch sagen, wenn der Trend immer in die gleiche Richtung zeigt: nach unten? Die Fakten, die der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) diese Woche vorstellte, sind ähnlich beklemmend wie die Klimaberichte: Bis zu einer Million Tier- und Pflanzenarten sind bedroht. Die Botschaft des Berichts ist dafür erfreulich klar: Es gehe darum, Visionen für eine gute Lebensqualität zu entwickeln, die keinen ständig steigenden Materialverbrauch mit sich brächten, und es brauche mehr Gleichheit.

«Der Mensch macht der Natur den Garaus», titelte «NZZ Online» – eine erstaunliche Aussage für ein Medienhaus, das kürzlich in einem Leitartikel die Klimabewegung lächerlich gemacht hat. Allerdings eine unpräzise: Es ist nicht der abstrakte «Mensch», sondern das kapitalistische Wirtschaftsmodell, das es in wenigen Jahrhunderten geschafft hat, das Leben auf der Erde in Gefahr zu bringen. Wie zerstörerisch es ist, zeigt sich immer deutlicher, seit es sich globalisiert hat: Nun baut auch der Süden Autobahnen und Hochhäuser; wer kann, kauft Smartphones und Unmengen Kleider, isst viel Fleisch und Fastfood.

Doch es ist billig und zynisch, nicht zu handeln, weil «die Inder jetzt auch fliegen». Der Süden kann nur einen weniger zerstörerischen Weg einschlagen, wenn der Norden mit seiner Verschwendung aufhört: Unser Tierfutter, der Bergbau für unsere Computer, die mit (womöglich Schweizer) Pestiziden eingenebelten Baumwollplantagen für unsere Jeans zerstören die Biodiversität der Tropen.

Schweizer ForscherInnen wiesen an einer Pressekonferenz zu Recht darauf hin, dass die BewohnerInnen dieses Landes eine grosse Verantwortung für Schäden im Ausland haben. Auch das ist eine Parallele zum Klima. Vor kurzem haben Umweltverbände die Biodiversitätsinitiative lanciert. Sie ist unterstützenswert – doch sie konzentriert sich auf Schutzmassnahmen im Inland. Mindestens so viel für die Biodiversität könnte ein Ja zur Konzernverantwortungsinitiative bewirken: Wenn Schweizer Firmen aufhören, im Süden Menschen und Umwelt zu vergiften, macht das mehr aus als alle Schweizer Schutzgebiete.