100 Wörter: Auf schiefem Gleis

Nr. 18 –

Die Zugfahrt auf der durch internationale Organisationen geschützten Linie war ein Vergnügen, in das Karl Sutter ohne Absicht gekommen war, denn er hatte nur in Chur umsteigen wollen. Dabei musste irgendetwas schief gegangen sein, wahrscheinlich war es der Barwagen, der einladend vor ihm stand, sodass er gar nicht anders konnte, als einzusteigen und loszutrinken. Die charmante Bedienung, die froh war um etwas Kurzweil während der ansonsten ereignisarmen und beim vierzigsten Mal nicht mehr ganz so spektakulären Fahrt, gaukelte ihm auch derart gekonnt Sympathie vor, dass Sutter erst beim Zahlen des erklecklichen Zuschlags merkte, dass er aufs schiefe Gleis geraten war.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.